Freitag, 26.8.2022 Sofia nach Bansko

Gut geschlafen. Aber es ist ungewohnt, in einem Zimmer mit vielen anderen Menschen zu schlafen. Die Geräusche der Spätheimkehrer und die der Frühaufsteher - sehr fremd. Aber sie waren alle sehr rücksichtsvoll und leise. 

Gestern Abend in dem Gemeinschaftsraum war es nett. Viele junge Leute aus aller Welt saßen da, aßen, tranken, redeten, lasen oder hörten Musik. Es waren 30-40 Leute und ca. Die Hälfte davon bereitete sich in der Küche ein kleines Mal zu. 

Die Küche: das war eine kleine Ecke mit einem Herd, einer Spüle, einem Kühlschrank und ein paar Schränken. 




Für 40 Leute. 

Chaos.

Und Spätjugendliche zwischen 20 und 30 sind nicht direkt bekannt dafür, ordentlich zu sein oder liebevoll ihr Geschirr zu spülen. 

Hölle!

Aber das war gestern und heute hatte ich mir nur einen Eistee zum Frühstück geholt und ihn NICHT in den etwas zweifelhaften und zudem überfüllten Kühlschrank getan. Eistee schmeckt auch zimmerwarm ganz gut.

Ich laufe etwas vor der Zeit zur Straßenbahn Linie 6. Dieses Mal ist es ein mittelalter Zug. 50-60 Jahre sollte er alt sein, und das merkt man. Aber besser ruckelig und rappelig gefahren, als gut gelaufen. 




Am Terminal lerne ich dann, dass es 2 Terminals gibt. Ein nationales und ein internationales. Ich bin im falschen. Aber das andere ist nicht weit. Die internationalen Busse fahren nach Istanbul, Belgrad, Bukerest oder Budapest. 






Der Bus  ist leider rappelvoll. Es ist eng, und der Fahrer hat auf das Armaturenbrett einen alten PC-Ventilator geklebt. Eine Klimaanlage werde ich hier vergebens suchen. Offensichtlich bin ich der einzige Nicht-Bulgare an Bord. 

Die Frau neben mir tippt unentwegt auf ihrem Handy rum und atmet dabei schwer. Irgendwo links hinter mir hat ein Deo versagt. Schön hier!


Wir fahren durch Sofia, und das Bild ist trist. Plattenbauten, Kopfsteinpflasterstrassen, Ruinen: nein, schön ist die Stadt nicht. Ein wenig wie Ostdeutschland nach der Wende. 




Irgendwann kommen wir auf eine Autobahn und jetzt wird man nicht mehr so durchgeschüttelt. Aber die Frau neben mir ist ganz schön warm!

Wir fahren durch eine hügelige Landschaft, vorbei an riesigen Sonnenblumenfeldern. 

In Blagoewgrad machen wir Pause. Alle steigen aus, vertreten sich die Füße, kaufen Kaffee (ich), rauchen hektisch und 2 meiner Mitreisenden versorgen sich mit frischem Bier. Schließlich geht es auf 12 Uhr zu!




Blagoewgrad ist ein kleines Nest mit verfallenen Industriegebäuden, aber der Kaffee hier am Busterminal ist phantastisch. Wenig später geht es weiter und der frische Zigarettenrauch mischt sich mit den anderen Gerüchen. 

Jetzt wurde es etwas bergiger mit grünen Tannenwäldern. 

So eine Reise ist sicher nicht für jeden was. Aber ich mag es einfach sehr, ganz einfach wie ein Einheimischer durch so ein Land zu fahren. Ich sehe natürlich mehr, als ich schreibe, und es ist dieser Gesamteindruck, den ich sehr schätze.

Hier, ca. 40 km vor Bansko, tauchen auch die ersten „Schneeketten-Schilder“ auf. Wir sind in den Bergen. Die Tankstellen hier zeigen fast alle das Gazprom-Logo. Putin und Schröder sind nicht weit…


Und dann biegt der Bus in das Terminal von Bansko ein.








Bansko ist nett. Circa 10 Minuten zu Fuß von der Bushaltestelle erreiche ich mein Hotel. Es ist ein kleines Hotel mit nettem Gastgeber. Von meinem Balkon im vierten Stock habe ich einen großartigen Blick auf die Berge, von denen einige aussehen, als ob sie schneebedeckt sind. Die Berge sind hier 2600 m hoch. Der kleine Ort ist wirklich niedlich. Alles sehr sauber und ordentlich, halt ein typischer Wintersportort, den man sich auch gut in den Alpen vorstellen kann.

Interessant finde ich auch, dass auf manchen Türen eine Art Steckbrief klebt. Das ist immer ein Foto und dann eine Beschreibung von jemandem der offensichtlich kürzlich verstorben ist. 




Bansko mit seinen weniger als 10000 Einwohnern liegt am Rande des Piringebirges und ist eines der kulturellen Zentren des Landes. Daneben ist es aber auch ein wichtiger Wintersportort. Bekanntestes Bauwerk hier ist die Dreifaltigkeitskirche und mit ihr die Legende um den Bau (kann man auf Wikipedia lesen)










Die Sveta Troitsa Kirche ist ganz offensichtlich eine byzantinische Kirche mit vielen Wandgemälden mit Heiligen und großen Säulen links und rechts. Viele Stühle sind an den Rändern, alle reich geschnitzt, während die Gläubigen offensichtlich stehen mussten. Die Wandmalereien reichen bis zu hohen Decke und überall sind Heiligenbilder. Ein interessantes Gebäude.


Und was wäre hier im Osten ein Kirchturm ohne ein zünftiges Storchennest?




Direkt daneben ist das Neofit Rilski Museum

Es zeigt das Haus neben des gleichnamige Lehrers und Abtes, der in 1793 geboren wurde. Er ging mit 15 ins Kloster und hat dort schnell erkannt, dass die Ausbildung sehr schlecht war. 














Daraufhin hat er eine Initiative angerufen und hat selber Bücher über die bulgarische Schrift und die Grammatik geschrieben. Er war ein stetiger Lehrer, der mit großem Allgemeinwissen das Wissensniveau in seiner Zeit stark angehoben hat. 

Das Haus ist ein typisches Haus aus der damaligen Zeit, es ist aus Steinen und Holz gebaut und von einem Garten umgeben. Drinnen gibt es tiefe Weinkeller und schmale Fenster, die der Verteidigung dienten. Ein tolles Haus, in einem super Erhaltungszustand!


Die Altstadt geht hier in die Neustadt über, aber auch die ist irgendwie total nett. In dem gesamten Innenstadtbereich gibt es keine oder nur ganz wenige Autos.


Und nach einem kleinen Erholungsschläfchen steht dann auch schon das Abendessen auf dem Plan. Aus den Foren weiß ich, dass ich nach einem „механа“ Ausschau halten soll. Das sind hier die einfachen Restaurants mit einheimischer Küche. 

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