Sonntag 28.8.2022 Fahrt mit der Rhodopenbahn von Bansko über Septemvri nach Plovdiv

Hier in Bansko finden viele Veranstaltungen statt. Ich hatte schon von anderen Leuten gehört dass hier große Jazz Festivals waren, gestern war ja diese Kino Aufführung mit Grease, und heute war hier eine Opernaufführung: Romeo und Julia.






Auf dem großen Platz war ein ausgewachsenes Orchester, komplett mit Bläsern und Streichern und allem, was dazugehört, und auf der Bühne war ein großer Chor, der da sang, spielte und tanzte. 


Das Ganze war irgendwie sehr unwirklich in dieser Atmosphäre, vor allem weil der Chor komplett in Straßenkleidung war. Jeans, ausgeleierte Bermudas, T-Shirts, aber man merkte sehr schnell, dass das alles absolute Profis waren. Sehr beeindruckend und sehr schön!


Als ich nach dem Abendessen vorbeischaute, waren da bestimmt 600 Menschen, die sich das Spektakel ansahen. Wow!




Heute um 5:30 schellte dann der Wecker. Katzenwäsche, ein Croissant und ein trockenes Brötchen von gestern, Zähne putzen und los.


13 Grad zeigt das Thermometer und mein Pulli ist ganz unten im Rucksack. Aber egal. Nach 10 Minuten bin ich am Bahnhof. Alles ist dunkel, auch der Wartesaal. Am Gleis steht eine Frau und raucht. Langsam geht die Sonne auf und eine kleine Katze prüft, ob meine Beine irgendwelche Wärme abstrahlen. Dann kommt der Zug mit 2 Waggons. Die Türen schließen nicht 100 %ig und zwischen den Wagen geht man durch‘s Freie. Der Zug fährt los und rappelt tüchtig. Tippen auf den Knien ist fast unmöglich. Innen ist der Waggon natürlich schmaler, als „normale“ Züge, eher wie ein Bus. Aber es gibt an jeder Bank eine Steckdose für 220V, sowas sucht man in Zügen bei uns manchmal vergeblich. Leider sind im Zug auch mehrere Fenster auf, drinnen sind es also auch 13 Grad. Die Katze wäre jetzt schön…










Die Rhodopenbahn ist die letzte Schmalspur der Bulgarischen Eisenbahn. 23 mal werden wir auf der 125km Strecke halten und dabei auf über 1200m steigen. Dabei fahren wir durch 35 Tunnel. 


Vor Jahren bin ich in Burma auch mehrer Strecken mit der Bahn gereist und streckenweise sind die Züge wegen der schlechten Schienen sehr langsam gefahren. Würde ich mir hier auch wünschen. Aber wir brettern hier mit ca. 50-60 km/h über ein marodes Gleisnetz. 


Es ruckelt, es stößt, und zwischendurch schwankt der Wagen wie ein betrunkener Seemann. Manchmal bockt er auch, so dass man denkt, man sitze auf einem Pferd.


Wir fahren oft durch enge Schluchten, durch die die eingleisige Strecke führt, dann aber wieder durch breitere Täler mit undurchdringlicher Natur, wo man sich Bären und Wölfe leicht vorstellen kann. Und dann kommt wieder die nächste Haltestelle mit einem meist sehr verfallenen Bahnhof. 











Fotos zu machen ist schwer, weil die Fenster superschmutzig sind und weil ich sie nicht öffnen will; weiß ich, ob ich die wieder zu kriege? Und einmal war ich nicht schnell genug. Am Bahnhof von xxxx sah ich bei der Ausfahrt erst diese Vorrichtung, mit der bei den Dampfloks frisches Wasser eingefüllt wurde und dann ein großes Drehkreuz, auf dem die Lok gewendet wurde. Aber bis mein Fotoapparat bereit war….


Wir fahren vorbei an Schafherden, sehr vielen Bienenstöcken und ab und zu grasen Pferde auf einer Weide. 


Um halb neun steht die Sonne schon etwas höher und ab und zu fallen die Strahlen durch die schmutzigen Fenster in den Zug. Das tut gut. Inzwischen bin ich ziemlich eingefroren. Ab Smolewo kamen dann mehr und mehr die Tunnel. Also keine Sonnenstrahlen mehr…


In meinem Wagen ist es leer. 2 einheimische Frauen reisen mit mir. Beide  sind warm angezogen,  sie machen das also nicht zum ersten mal.

Aber wenig später kommt Leben in die Bude. 5 Landfrauen steigen ein. Sie tragen eine Art Kleid, darunter eine lange Hose, ärmellose Wollwesten und Kopftücher. Und sie haben sich viel zu sagen. 












In Welingrad wurde es dann voll. Leider setzte sich die lauteste und die am meisten redende Frau genau mir gegenüber. Bad luck!

Aber interessant war dann auch der Ausstieg einiger Landfrauen. Eine hatte eine Art Decke mit dicken Tauen an den 4 Enden und schnallte sich damit ihr Gepäck wie einen Rucksack auf den Rücken. War eine kunstvolle Verschnürung. 


Die am lautesten und am meisten redende Frau war zudem auch noch groß und korpulent. Das ist soweit ok, aber nicht, wenn sie sich nicht setzt, sondern am Fenster steht und dabei der Hintern ca. 8 cm von meiner Nase entfernt ist. Das ist sehr unangenehm. Der Waggon war dann aber schon sehr voll, trotzdem habe ich noch ein besseres Plätzchen ergattern können. 


Hinten ist die unangenehme Frau zu sehen, die mir ihren Hintern ins Gesicht gehalten hat….


Auf‘s Klo nur im Notfall!





Und dann kam Septemvri. Ein langer unterirdischer Gang verbindet den Schmalspurbahnhof mit dem „normalen“ Bahnhof. Hier steige ich um. Fazit der Tour: ich hatte es mir landschaftlich spektakulärer vorgestellt, aber mit so einem rappeligen Zug zu fahren, hatte auch was. Muss man mal machen, aber nicht 2x. 


Septemvri ist unspannend. Der Bahnhof liegt außerhalb und ich bin mal 10 Minuten in Richtung Zentrum gelaufen, aber da kam nichts. Nur etwas Industrie und Wohnviertel. Aber ich hatte eh nicht viel Zeit, daher bin ich zum Bahnhof zurück und habe da gewartet.


Tickets werden, wenn nicht online gekauft, hier noch mit der Hand geschrieben!

Der Zug kam mit leichter Verspätung, und zu meinem Schreck wartete auch die furchtbare Frau am Gleis. Aber Entwarnung: sie hatte einen anderen Waggon. Hier sitze ich in einem Abteil (alleine) und bei offenem Fenster ist der Zug quasi klimatisiert. Was vorher auch noch toll war: ein Mann mit einem Hammer schritt den Zug ab, klopfte gegen jede Bremse, um sie zu lockern. Sieht man auch nicht jeden Tag. Dieser Zug ist ziemlich schnell, und man kann auf dem iPad tippen, ohne sich zu verschreiben. Auch schön.




Das Sechserabteil war wirklich ganz gemütlich und sah auch mehr nach einem erster Klasse Abteil aus. Dann kam plötzlich eine Gruppe junger Leute, die auch gut englisch sprachen, die mir klarmachen, dass ich im falschen Waggon saß und dass mein Ticket, dass der Schaffner allerdings vorher kontrolliert hatte, in die zweite Klasse führen würde. 

Also dränge ich mich durch die engen Gänge und ging in die zweite Klasse in ein recht enges Achterabteil. War aber auch völlig in Ordnung.



Am Bahnhof angekommen springe ich schnell in einen Bus und fahre in die Innenstadt. Von der Haltestelle aus sind es nur noch wenige Meter bis zu meiner Herberge. Es ist eine ehemalige Wohnung, in der der Besitzer drei Einzelzimmer abgetrennt hat und drei Toiletten. Alles ist sehr neu und sehr sauber. Nur mein Zimmer hat ein sehr kleines Fenster über der Tür. Aber egal, Hauptsache ein wenig Tageslicht. 


Ich gehe erst mal ins Bad, Wäsche waschen. Danach mache ich mich auf, die Stadt zu erkunden. Ich wohne direkt an der Fußgängerzone und nach 20 m bin ich schon in einem riesigen Einkaufsparadies. die Fußgängerzone ist unüberschaubar groß, es gehen unzählige Seitenstraßen weg, die auch alle ohne Verkehr, dafür aber mit vielen Geschäften gepflastert sind. Man würde niemals auf die Idee kommen dass man in einer osteuropäischen Stadt ist. Alles ist sehr westlich und außer der kyrillische Schrift keinen Hinweis, dass wir nicht in Deutschland sind. 

Die Fußgängerzonen sind nahezu Fahrrad-frei und überall spenden Bäume reichlich Schatten. Ja, so kann man es machen.
















Hier stolpert man auch über das Stadion von Philipoppol. Es ist im zweiten Jahrhundert nach Christus von Hadrian errichtet worden und es sind noch gut erhaltene Reste davon vorhanden. Es ist schön in die Geschäftsstraße integriert.


350.000 Menschen wohnen in Plovdiv, der zweitgrößten Stadt in Bulgarien. Plovdiv hat auch eine lange Geschichte. Die ersten Siedlungsspuren gab es bereits 6000 vor Chr. 

heute ist Plovdiv eine wichtige Messestadt und Sitz der Textilindustrie des Landes. Und hier ist auch die bekannte Firma Liebherr. 

Auch der Verkehrsknotenpunkt ist wichtig für das Land. Hier gibt es einen Bahnhof und einen Flughafen. Weiterhin gibt es mehrere Universitäten, Opern- und Schauspielhäuser und viele Museen. 

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