Donnerstag, 1.9.2022 Kazanlak - Tulovo - Stara Zagora
Gestern Abend habe ich noch die Stadt erkundet. Meine Unterkunft ist, wie immer, im Zentrum, so musste ich nicht weit laufen. Ich fand eine sehr nette Kneipe mit Terrasse in der Fußgängerzone, die von der Karte her einen vielversprechenden Eindruck machte. Ich habe dann wie immer einen Schopska Salat als Vorspeise gewählt, und mittlerweile ist mir klar, warum ich das tue. Es ist nicht zu sehr diese Schopska- Zubereitung, es sind diese fantastischen Tomaten, Gurken, Paprika und Zwiebeln, die alle einen eigenen Geschmack haben.
Und der ist nicht nach Wasser.
Dazu kommt natürlich die Zubereitung die die ganze Sache sehr lecker macht. Als Hauptgericht habe ich dann Kalbsleber gegessen, die war so gut, dass ich mir fast noch eine Portion davon bestellt hätte. Ich habe dann aber (nur aus Spaß) mir noch eine kleine Portion Tsatsa gegönnt. Was immer das sein sollte.
Heute Nacht habe ich super gut geschlafen, habe mir ein kleines Frühstück gemacht und sehr sehr lange geduscht. Das ist hier eine tolle Unterkunft. Danach bin ich zur Bank gegangen, weil ich Geld tauschen wollte. Vor dem Eingang stand eine Frau und ich wusste jetzt nicht wie sie da rein oder will sie nur auf ihrem Handy spielen? Also zeigt dich auf die Tür und auf mich und fragte auf Englisch, ob ich vor ihr reingehen könnte. Sie antwortete irgendwas. Daraufhin fragte ich oder ist noch geschlossen? Und machte dabei gekreuzte Arme und das zu unterstreichen. Daraufhin guckte sie mich an, schüttelte den Kopf und sagte „Da“. Dieses Mal will ich aber nicht drauf rein sondern suchte mir eine andere Bank.
Die hatte ich auch schnell gefunden und habe mich dann der aufwändigen Prozedur hingegeben. Geldwechseln ist in diesen Ländern nicht so ganz einfach. Das mindeste ist, dass man sein Pass vorzeigen muss, aber hier wurde ich sogar nach meiner Telefonnummer gefragt.
Ich fragte dann auch wofür und ob sie mich anrufen wollte? Sie hat mich wohl nicht verstanden, sondern grinste nur verlegen.
Sie fühlte dann ein Formular aus, dass ich zweimal unterschreiben musste, dann bekam ich mein Geld. Als ich dann auf das Formular schaute, fiel mir auf, dass mein Nachname gar nicht drauf stand.
Auch diese Frau, wie so viele andere, ist an meinen drei Vornamen gescheitert, die im Ausweis stehen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass danach noch ein Name käme.
Als Nächstes war der Besuch des historischen Museums angesagt.
In dem Museum werden Fundstücke aus dem Tal der Thrakischen Könige gezeigt. Es sind viele Artefakte aus der Zeit um 6 - 5000 v. Chr. Es sind Werkzeuge, Schüsseln Töpfe und Vasen. Das Thrakische Volk ist einer der größten (nach den Indern) und ältesten Gemeinschaften, und sie wurden erstmalig in Homers Odyssey erwähnt.
In einem der Räume werden die Schätze, die man gefunden hat, gezeigt.
Die meisten Dinge sind natürlich Grabräubern zum Opfer gefallen, in einigen der Gräber gab es mehrere Kammern, und da sind nicht alle gefunden worden. So konnten einige Dinge bis heute überliefert werden.
Es sind kunstvoll gearbeitet Gefäße oder Schmuckstücke teilweise aus purem Gold und es gibt eine Totenmaske, die in einem Grab lag, offensichtlich anstelle des Leichnams. Allein sie wiegt 673 g.
In der Zeit gab es schon Bauten, die darauf hingewiesen, dass die Thraker den Himmel sehr genau beobachtet haben und mit Hilfe der Sonne die Jahreszeiten und generell die Zeit bestimmt haben.
Ein anderer Bereich des Museums beschäftigt sich mit der jüngeren Zeit des bulgarischen Volkes. Wichtiger Punkt war wohl die Befreiung von den Türken. Also gibt es hier viele Waffen zu sehen und heroische Bilder.
Bei dieser Befreiung haben die Bulgaren Seite an Seite mit den Russen gekämpft, was auch immer noch heute eine gewisse Nähe verursacht.
Nach dem Museum bin ich noch mal in die sehr große Fußgängerzone gegangen. Es fällt auf, dass vor allem die Cafés um diese Uhrzeit sehr voll sind. Es ist 10:45 Uhr!
Ich setze mich auch gemütlich auf eine Bank und schaue mich um.
Woran merke ich, dass ich in Bulgarien bin? Na, da wäre auf jeden Fall mal die kyrillische Schrift, aber was noch?
Sehen die Menschen anders aus? Kopftücher oder bunte traditionelle Kleidung? Riesige Schnauzbärte bei den Männern? Dunkle Haut? Pferdefuhrwerke auf den Straßen?
Nein, das einzige, was mir auffällt, ist eine große Verbreitung von Bermudashorts bei Männern. Und was trage ich? Bermudashorts!
Auch Sinti oder Roma habe ich (nicht bewusst) gesehen. In Rumänien waren das definitiv mehr!
Vielleicht ist das mit einer der Gründe warum Deutsche so gerne hierher fahren oder vor allem warum sie sich gerne hier niederlassen. Natürlich spielt das niedrige Preisniveau auch eine Rolle! Die Lebenshaltungskosten hier scheinen wirklich deutlich unter denen in Deutschland zu liegen.
Letzte Aktivität hier in Kazanlak war das Kolata Zentrum. Das ist ein Grundstück mit einem sehr schönen Garten und zwei Häusern, die Ende des 19. Jahrhunderts erbaut worden sind. Auch sie sind komplett möbliert, wie man das in der damaligen Zeit hatte. Sehr schöne Zeitzeugen.
In jedem Raum war ein kleines Schälchen mit Rosenblüten, so wie es sich wohl für diese Gegend gehört.
In einer Art Scheune, in der auch mehrere Kutschen standen, war auch ein großer Metallbehälter, der, wie die freundliche Aufpasserin erklärte, zur Herstellung von Rosenwasser diente. Zum krönenden Abschluss gab es dann noch einen eine Marmelade aus Rosen und einen Rosenschnaps. Wie sie sagte: ein happy end!
Nach einem kleinen Imbiss in der Stadt bin ich dann ins Hotel, mein Zeug gepackt und bin dann bei freundlichen 33° zum Bahnhof gelaufen.
Der Zug kam leicht unpünktlich, brachte mich aber schnell nach Tulovo. Wenn jemand mal einen schönen Platz sucht, um einen Hund zu begraben, ist Tulovo der richtige Ort. Auch, wenn man mal Lust hat, irgendwo tot über den Zaun zu hängen, wäre das eine tolle Location.
Aber ich bleibe nur 10 Minuten hier, und dann ist es okay!
Eben im Zug kam der Schaffner und schaute nach meiner Karte. Dann sagte er etwas zu mir, was ich natürlich nicht verstand. Ich sagte: ich spreche kein Bulgarisch, da ging er kopfschüttelnd weiter. Aber der Krückenmann neben mir hatte das wohl gehört, und als er aussteigen wollte fragte ich ihn und zeigte ihm mein Handy ob das hier Tulovo sei? Er nickte, sagte „da“ und sagte dann „Stara Zagora“. Also hat er alles verstanden und ich hatte jetzt einen neuen Guide.
Ich stelle mir den Job eines Stationsvorstehers hier sehr schwierig vor. Laut Anzeigentafeln kommen hier am Tag zwölf Züge vorbei: das bedeutet er muss zwölf mal die Mütze aufsetzen, zwölf mal seine Kelle nehmen, zwölf mal raus ins Freie gehen, die Kelle richtig rum hinhalten und darf erst dann wieder zurück in sein Büro gehen. Stress pur! Aber das ist natürlich nicht ganz fair 😇
Der Zug nach Stara Zagora kam dann bald und mein Guide gab mir deutliche Zeichen, einzusteigen…
Also alles ok. Nur, als der Zug dann in der entgegengesetzten Richtung fuhr (also zurück) war ich etwas beunruhigt….
Nachdem ich nun schon einige Erfahrungen mit der bulgarischen Eisenbahn habe, komme ich zu folgender Erkenntnis: die Waggons sind alle unterschiedlich: mal gibt es Steckdosen mal gibt es keine, mal funktionieren die Fenster, mal nicht. Mal gibt es riesige Ablagemöglichkeiten und jetzt bin ich in einem Waggon der sehr breite Bänke hat, die sind (nebeneinander ) für vier Personen geeignet. Hier kann man die Fenster nicht öffnen, sondern nur kippen, und wie früher gibt es an jeder Sitzbank einen Regler für eine Heizung. Jede Sitzgruppe kann die Temperatur individuell regeln. Bemerkenswert!
Vom Bahnhof bis zu meiner Unterkunft war es zum Glück nicht weit. In der Hitze geht man nicht gerne lange Strecken. Die Unterkunft liegt auf der Ruski - Straße, nicht sehr vertrauenserweckend!
Es ist auch keine schöne Straße, viel Industrie und ein paar große Geschäfte aber nicht für Konsum sondern eher für Handwerk. Ich finde relativ schnell die Nummer zehn, aber ich brauche die sechs. Leider finde ich sie nicht.
Ich gehe ein bisschen hin und her, bis ich zwei Mädchen entdecke.
Ich folge der Empfehlung eines Freundes aus China, der mir sagte: einfach junge, gut angezogene Leute ansprechen, das sind meistens Studenten, die sprechen englisch.
Also ging ich hin und fragte ob sie englisch sprechen. Die hübschere nickten und ich fragte sie nach der Adresse. Sie zeigte hinter sich und meinte: hier. Ich bin ihr Gastgeber!
Na, das hatte ich ja toll getroffen.
Wir gingen in einen gruseligen Hinterhof und von da aus in ein gruseliges Haus. Da fuhren wir mit einem gruseligen Aufzug in die gruselige dritte Etage.
Hier war meine Wohnung. Und genau so war es: es war wirklich eine Wohnung!
Ein schön eingerichtetes Wohnzimmer, eine kleine Küche, ein kleines Bad und ein geräumiges Schlafzimmer. Wahnsinn!
Wieder mal einen Treffer gelandet!
Stara Zagora ist wieder eine der größeren Städte. Mit 140.000 Einwohnern ist man groß genug für 2 Universitäten und einen in der 1. Liga spielenden Fußballclub. Eine der Sehenswürdigkeiten hier ist ein Sendeturm. Es ist ein Blaw-Knox-Turm, von denen es nur noch sehr wenige gibt. Er ist leider zu weit entfernt, sonst hätte ich ihn gerne besucht.
Ich ging dann erst mal in die Innenstadt, dort sollte es auch ein historisches Museum geben.
Ich fand es schnell und löste, weil ich es draußen am Eingang gesehen hatte, ein Senioren Ticket.
Wortlos gab mir die Frau für umgerechnet 1 Euro mein alte-Leute-Ticket.
Unverschämtheit!
Sie hat mich noch nicht mal nach meinem Ausweis gefragt!
Früher, wenn ich Alkohol kaufen wollte, musste ich immer einen Ausweis vorzeigen!
Das Museum kam nicht an das von Kazanlak oder von Plovdiv heran. Trotzdem war es interessant, es berichtete, genauso wie die anderen, von den Thrakern, den Römern und von den neueren Bulgaren. Ich fand die Ausstellung etwas zusammenhangslos, aber trotzdem war es interessant.
Von hier war es nicht weit bis zu dem römischen Forum, das es hier auch gab. Es ist recht unspektakulär und es sind auch nur noch die Ruinen von einem circa 400 m langen Forum, durch das man eine Straße gelegt hat. Kann man, muss man aber nicht.🙄Dann musste ich aber erst mal eine Pause einlegen und bin in mein neues Heim gegangen.
gruselig
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